Eigentlich wollten wir keine traurigen Geschichten mitten in die Weihnachtsnacht hinein posten; die Realität ist viel zu oft schrecklich genug. Aber manchmal geht das Leben eigene Wege, andere als noch so sorgfältig geplante. Wege, welche ein Umdenken erfordern. Ja, an dieser Stelle sollte Euch heute der Bericht über die Hilfsfahrt nach Rumänien und Serbien (wird natürlich nachgeholt) mit einem sehr positiven Ausblick die stillste Zeit das Jahres versüßen. Doch, es sollte anders kommen, denn dann trat völlig unerwartet Boomer in Erscheinung – und diese Begegnung, passiert im Zuge des Einsatzes, lässt uns nun einfach nicht mehr zur Ruhe kommen, macht seither die Nacht zum Tag; das Schicksal ruft und wir müssen antworten, ob nun die Heilige Nacht Freudigeres versprechen sollte oder nicht. Bitte verzeiht uns deswegen! Boomer ist ein Hirtenhund, der irgendwo in einem entlegenen Bauernhof am Rande eines sterbenden rumänischen Dorfes Namens Nadrac ein Leben fristet, welches wohl selbst den hartgesottesten Menschen die Tränen in die Augen treibt. Der Arme vegetiert nämlich an einer schweren, verrosteten Eisenkette, festgebunden im von den Elementen zerfressenen Pferdestall. Dort, in einem feuchten, zugigen Eck, liegt er auf halb verrotteten Maisstängeln inmitten von Exkrementen; nicht einmal eine Decke, kein Stroh, nichts Weiches oder gar Wärmendes wurde ihm als Unterlage gegeben. Liebe? Wärme, Vertrauen? Behaglichkeit, Wohlfühlen? Das alles hat er wohl nie kennen lernen dürfen. Boomer ist inzwischen ob der gnadenlosen Umstände fast nackt, sein restlich verbliebenes Fell hängt in Fetzen oder dick verklumpt am ausgemergelten Körper, jede Rippe ist darunter längst sichtbar. Bitte, bitte, wem es auf der Zunge liegt, erspart es uns und anderen – Sätze wie ‚ich hätte ihn sofort mitgenommen‘ oder ‚wie kann man ihn nur dort lassen‘ helfen nicht weiter. Weder uns noch ihm noch Dir, der/die du das gerade denken magst. Es gibt gute Gründe dafür, ihn nicht sofort mitgenommen zu haben. Gründe, welche ein Wegnehmen unmöglich machen, ohne damit eine Katastrophe auszulösen. Sonst hätten wir es längst getan. Nebenbei, es wäre mit einem solchen Vorgehen vielleicht zwar Boomer geholfen, aber wer mag es bezweifeln, es würde wohl keinen Tag dauern, bis ein anderer Hund seinen Platz eingenommen hätte. Selbe Misere, am selben Ort. Und dann keine Chance mehr, die erneut so traurige Geschichte halbwegs im Guten lösen zu können! Der einzige Unterschied: es wären statt einem Opfer dann zwei. |